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Der Krieg in Tigray


02. Februar 2021
Dass der Hoffnungsträger Ostafrikas so schnell zum Kriegsherrn werden würde, hatte wohl kaum jemand gedacht. Wohl auch nicht das Komitee in Oslo, das Abiy Ahmed 2019 noch den Friedensnobelpreis verliehen hatte.
Foto: Reuters

Der Friedensvertrag, den der äthiopische Ministerpräsident im Sommer 2018 gemeinsam mit dem Präsidenten Eritreas unterschrieben hatte, war ein historischer Schritt.

Er beendete jahrzehntelange Feindschaft, bedeutete offene Grenzen, den Abzug des Militärs und ließ die Hoffnung auf ein Erstarken des Handels erblühen. Für die verarmte Region, vor allem für das international isolierte Eritrea, bedeutete das viel. Dennoch wurde bald klar, dass es mehr brauchen würde als die große Geste, um das Verhältnis zu Eritrea zum Positiven zu wenden.

Papier hält Wirklichkeit nicht stand

Dass das im saudi-arabischen Dschidda unterzeichnete Papier allerdings der Wirklichkeit nicht standhalten konnte, zeigte sich bald. Kurz nach dem Friedensschluss betonte Bischof Tesfaselassie Medhin, in dessen Diözese die Grenzregion mit Eritrea und damit auch das seit November 2020 umkämpfte Tigray-Gebiet fällt, in einem Telefonat mit dem missio magazin: Ohne Einbeziehung der lokalen politischen Kräfte sei kein dauerhafter Frieden zu erreichen.

Der äthiopische Bischof sollte recht behalten: Bereits wenige Wochen nach dem Friedensschluss von Dschidda ließ Isaias Afewerki, der Präsident Eritreas, die Grenze wieder schließen. Zu viele junge Eritreer hatten das Land Richtung Äthiopien verlassen, um jenseits der Grenze ein besseres Leben zu suchen.

Eritrea, so scheint es aus heutiger Sicht, konnte dem Tempo nicht standhalten, mit dem es sich hätte öffnen müssen, um seiner Jugend Hoffnung auf Veränderung zu geben. Das totalitäre Regime hielt am Zwang des Militärdienstes fest, den der Staat auf unbegrenzte Zeit ausdehnen kann und der einer der Hauptfluchtgründe für junge Leute ist. Begründet hatte der eritreische Präsident den so genannten nationalen Dienst mit dem Kriegszustand mit Äthiopien. Obwohl nun die Begründung wegfiel, blieb der Militärdienst erhalten.

Ethnische Spaltungen

Im benachbarten Äthiopien hatte Hoffnungsträger Abiy Ahmed indessen seine eigenen Sorgen: Das politische und ethnisch-föderale Geflecht ist kompliziert und die Teilung der Macht dementsprechend heikel. Der Ministerpräsident selbst gehört zur Ethnie der Oromo, die zwischen 30 und 40 Prozent der Bevölkerung Äthiopiens stellen. Die Tigray, in deren Region Abiy Ahmed im November vergangenen Jahres militärisch einfiel, stellen einen wesentlich kleineren Anteil an der Bevölkerung, besetzten aber vor dem Regierungswechsel die einflussreichsten Posten in Militär, Verwaltung und Politik.

Die ethnischen Spaltungen zu überwinden, ist zwingende Voraussetzung, um Äthiopien in eine friedliche Zukunft zu führen. In diesem Vorhaben hat die katholische Kirche, allen voran Kardinal Souraphiel von Addis Abeba, den Ministerpräsidenten von Beginn seiner Amtszeit an unterstützt. Der Krieg in Tigray schockierte diejenigen, die den Kurs von Augleich und Demokratisierung von Anfang an gefördert hatten. Zumal sich bestätigte, dass auch eritreische Soldaten in die Dörfer Tigrays einfielen.

"Die Regierung sollte das Recht der Menschen auf Leben, die Achtung der Verfassung und die Gewährleistung des Friedens garantieren“, forderte Kardinal Souraphiel in seiner Botschaft zum orthodoxen Weihnachtsfest am 7. Januar. Ob das Ende der Gewalt wirklich erreicht ist, wie die äthiopische Regierung verkündet, ist mehr als fraglich. In den Flüchtlingslagern im Sudan sitzen derweil rund 60.000 Frauen, Männer und Kinder, die vor dem Krieg geflohen sind. Immerhin ein Hoffnungszeichen für die Menschen in der umkämpften Region bringen missio München und die Bayerische Staatskanzlei: Mit 700 000 Euro stellen sie den Zugang zu sauberem Trinkwasser vor Ort sicher. 

 

 

 

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