„Salesianum“ (heute: Saint Francis de Sales Seminary) in St. Francis bei Milwaukee, Briefkopf eines Schreibens von 1862. Foto: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising.„Interessierte haben ab sofort die Möglichkeit, von überall auf der Welt kostenfrei einen Einblick in die frühe Geschichte der katholischen Kirche an vielen Orten Nordamerikas zu bekommen“, sagt der stellvertretende Direktor von Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising, Dr. Roland Götz. Aber auch für die Auswanderungsforschung im Hinblick auf die Massenmigration vieler Deutscher in die USA während des 19. Jahrhunderts sei dieser Bestand eine wichtige Quelle.
Einblicke in Kirche und Gesellschaft
So sind Korrespondenzen mit nicht weniger als 85 nordamerikanischen Partnern aus der Zeit zwischen den 1830er Jahren und dem Ersten Weltkrieg überliefert, die nicht nur Einblicke in die kirchliche Arbeit, sondern auch in die damalige Gesellschaft gewähren. Dazu sind neben der fast vollständigen Reihe der Sitzungsprotokolle der „Zentraldirektion“ des Ludwig-Missionsvereins von 1839 bis 1942 insbesondere die nach Ländern und Orten gegliederten Akten zu den einzelnen unterstützten Gemeinden bzw. Projekten bemerkenswert. Die Schreiben sind in der Regel in deutscher Sprache (und deutscher Schrift), nur fallweise in Englisch oder Französisch abgefasst.
„Unser Online-Angebot richtet sich an einen sehr breiten Interessentenkreis von Hobbyforschern bis hin zu akademischen Wissenschaftlern, die nun von überall auf der Welt Zugang zu diesen Unterlagen haben“, so Götz. „Wir hoffen, dass wir durch die digitale Bereitstellung auch Forscher in Nordamerika animieren können, sich mit diesem Quellenbestand zu beschäftigen.“
"Wahrer Glücksfund"
Für Dr. Maren Roth vom Amerika-Institut der LMU München war das Archiv des Erzbistums München und Freising für ihre Lehre ein wahrer Glücksfund: „Quellen zur Auswanderungsgeschichte vermutet man normalerweise in Hamburg oder Bremen, von wo die Menschen klassischerweise über die Häfen aufgebrochen sind, in München so eine Quelle zu entdecken, ist fantastisch. Das Online-Angebot vereinfacht nun den Zugang und erhöht die Chance, dass tatsächlich etwas damit gemacht wird.“
2017 hat „missio München“ seinen umfangreichen Archiv-Altbestand zum Ludwig-Missionsverein als Depositum dem Archiv des Erzbistums München und Freising übergeben.
Vom Ludwig-Missionsvereins zu missio
Nach französischem und österreichischem Vorbild entstand mit Unterstützung Königs Ludwigs I. 1838 in München ein bayerisches Missionswerk zur Unterstützung der jungen Kirche in Nordamerika und Asien. Ziel des nach seinem Protektor benannten Ludwig-Missionsvereins war es, hauptsächlich die aufblühenden nordamerikanischen und asiatischen Missionen mit Geldmitteln zu unterstützen, regelmäßig und solidarisch für sie zu beten sowie mit Schriften das Interesse an ihnen zu fördern. Einen Schwerpunkt bildete in der Anfangszeit die religiöse Unterstützung der zahlreichen deutschen Emigranten in Nordamerika durch die Gewährleistung deutschsprachiger Seelsorge und die Errichtung von Kirchen, Klöstern und kirchlichen Schulen. Heute liegt der Schwerpunkt von missio München in Afrika, Asien und Ozeanien, wo das Internationale katholische Missionswerk alljährlich zahlreiche Projekte fördert.