Bischof prangert Gräueltaten der äthiopischen Armee an und fordert Untersuchung
Die Menschen in Tigray kämpften um ihre Rechte, sagte Erzbischof Medhin. Darauf antworte die Regierung mit einem „zerstörerischen Krieg der ethnischen Säuberung, der das Land von humanitärer Hilfe und grundlegenden Dienstleistungen wie Medizin, Strom, Telefon, Internet, Luft- und Bodentransport usw. abgeschnitten hat“– als handele es sich bei den Menschen aus Tigray nicht um Landsleute. „Die Menschen leiden dadurch an Epidemien, chronischen und neuen Krankheiten.“
Physische und psychologische Angriffe gegen Kirchenmitglieder
Auch die katholische Kirche sei stark betroffen: „Wie alle Einwohner der Region Tigray ist auch die katholische Kirche von diesem völkermörderischen Krieg betroffen, den die äthiopische Armee und ausländische Armeen gegen uns führen.“ Es gebe physische, psychologische und spirituelle Angriffe auf Laien, Priester, Ordensschwestern und auf die kirchlichen Strukturen wie Gotteshäuser, Pfarrheime, Schulen, Gesundheitszentren und Büros. Unter anderem seien 14 Fahrzeuge der katholischen Diözese, Schreibtische, Computergeräte, Solarpaneele, Laborausrüstung und Medikamente usw. Plünderungen zum Opfer gefallen.
„Lage hat sich noch verschlimmert“
Erzbischof Medhin verurteilte im Namen der katholischen Kirche von Tigray die Gräueltaten und richtete einen Appell an die Behörden und Partnerorganisationen in Äthiopien und im Ausland hinzuschauen: „Anstatt sich um eine friedliche Lösung zu bemühen, hat sich der Prozess der Zerstörung in den vergangenen Wochen und Tagen noch verschlimmert.“
In diesem Zusammenhang wies er ausdrücklich auf die (vorübergehende) Inhaftierung des Provinzials der Kongregation der Salesianer Don Boscos in Addis Abeba und dessen Mitarbeitern und an die Inhaftierung von Menschen aus der Region Tigray in der Hauptstadt und in ganz Äthiopien hin.
Ruf nach unanhängiger Untersuchung
Wie in einem Gespräch mit missio München in der Vergangenheit fordert Bischof Medhin eine unabhängige Kommission: „Wir fordern eine Untersuchung aller Gräueltaten und Verbrechen durch ein unabhängiges internationales Gremium, ein sofortiges Ende der Bombardierung von Zivilisten, der ethnischen Säuberung und der Verhaftung von Bürgern aus Tigray und Kirchenmitgliedern. Wir rufen die katholische Kirche Äthiopiens in Addis Abeba und den übrigen Regionen auf, ihr Schweigen zu brechen und Gerechtigkeit zu fordern für die Verfolgung und die Gräueltaten, die der Bevölkerung von Tigray, den Priestern, den Ordensschwestern und den Laien im Dienste der Gläubigen in ihren jeweiligen kirchlichen Zuständigkeitsbereichen zugefügt wurden.“
Kritik an bisherigem internationalen Vorgehen
Die Kommission, die die aktuellen Kriegsverbrechen und den Völkermord untersuchen sollte, habe es bisher versäumt, sich mit der Realität zu befassen oder den Prinzipien einer solchen Kommission gerecht zu werden. „Sie haben die betroffenen Orte, die uns bekannt sind, nie besucht, ohne die überlebenden Opfer zu identifizieren oder zu treffen, und scheinen diese Gräueltaten nicht als echte Kriegsverbrechen und Völkermord anzuerkennen“, so der Bischof. „Doch es handelt sich tatsächlich um echte Verbrechen, die nicht nur von den Opfern und der Regierung von Tigray bestätigt wurden, sondern auch von vielen unabhängigen Organisationen und Medien in der ganzen Welt anerkannt und beobachtet werden.“ Der Bericht der äthiopischen Menschenrechtskommission und des UN-Hochkommissars für Menschenrechte sei hingegen unvollständig und gebe nicht die Wahrheit wieder. „Wir rufen dazu auf, die Luftangriffe einzustellen, die bereits Leben, Eigentum, Zivilisten und Einrichtungen zerstört haben“, ergänzte er.
Abschließend sagte er: „Wir sind solidarisch mit allen Menschen, die in allen Teilen Äthiopiens leiden, und versichern unsere geistliche Nähe als katholische Kirche von Tigray.“
missio München unterstützt die humanitäre Hilfe in Tigray sowie mehrere Projekte in Äthiopien, darunter den Bau von Brunnen in Tigray.
Übersetzung: fides.org