Du warst mit missio München in Nairobi, um einen Tanzworkshop mit Kindern und Jugendlichen aus Projekten der Caritas Nairobi zu machen. Gibt es etwas, das nachhaltig im Gedächtnis bleibt?
Ich denke wirklich jeden Tag an die Kinder. Ich habe noch nie erlebt, dass eine Gruppe – sie waren zwischen 9 und 17 Jahre alt – so gut harmoniert, dass sie so offen für Tanzarbeit ist. Die Kinder haben alles aufgesaugt und große Freude gezeigt, selbst etwas zu erfinden.
Du hast schon in München mit Kindern und Jugendlichen am Theater gearbeitet. Sind die Unterschiede groß?
Einige Kinder hier haben ein sehr großes Angebot: Sie können in Sportvereine gehen, in Theater-AGs oder Musikinstrumente lernen. Das kann dazu führen, dass sie nicht ganz bei der Sache sind und während der Theaterprobe schon ans Fußballspielen denken. Die Kinder in Nairobi haben diese Möglichkeiten nicht und sind auch nicht gewohnt, so frei zu arbeiten. Einfache Theaterspiele bringen die Augen zum Leuchten.
Die Kinder haben ein schweres Schicksal hinter sich, sie lebten auf der Straße oder sind mit ihren Familien auf der Flucht. Kam das zum Vorschein?
Nein, überhaupt nicht. Das hat mich umgehauen. Ich konnte kaum glauben, dass diese Kinder teilweise bis vor ein paar Wochen auf der Straße gelebt haben. Sie waren so konzentriert, immer im Moment. Ich musste nie um ihre Aufmerksamkeit kämpfen, auch nicht bei theoretischen Arbeiten, als wir zum Beispiel über unser Tanzthema „In:between“ gesprochen haben, also darüber, was für sie „Dazwischen“ bedeutet. Da kam wahnsinnig viel von ihnen, und sie haben den anderen immer zugehört.
Die Idee, Kinder aus Deutschland und Kenia zum gemeinsamen Tanzen zusammenzubringen, kam von dir. Wie bist du darauf gekommen?
Ich hatte als Schüler bei einem missio-Projekt zur WM in Südafrika mitgemacht, bei dem es einen – zunächst digitalen – Fußball-Austausch von Kindern aus Südafrika und Bayern gab. Und ich hatte schon mit Schüler:innen in dem Projekt „Tusch – Theater und Schule“ gearbeitet. Daher dachte ich, wenn man einen länderübergreifenden Austausch mit Fußball machen kann, warum dann nicht auch mit Theater?
Bei der Zusammenarbeit mit der Schauburg bist du auf eine alte Bekannte gestoßen …
Genau, mit der Choreografin Laura Saumweber, die mit Schülerinnen an der Schauburg arbeitet und jetzt in Nairobi die künstlerische Leitung übernahm, habe ich Abitur gemacht. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass Laura mittlerweile Tänzerin geworden ist – über das Projekt haben wir uns wiedergefunden, ein großes Glück.
Du selbst liebst neben dem Schauspiel auch das Fußballspielen. Stimmt es, dass du eine Zeitlang mit Profi-Fußball geliebäugelt hast?
Nicht ganz. Ich habe immer gerne gekickt, aber ich habe schon gedreht, bevor ich mir darüber Gedanken gemacht habe.
Was hatte dich zum Film gebracht?
Die Schauspielerin Steffi von Poser, die in den 2000er-Jahren beim Casting für „Wer früher stirbt ist länger tot“ half, hat mich damals auf dem Schulhof angesprochen und mir einen Zettel in die Hand gedrückt. Wahrscheinlich weil ich recht laut, frech und bayerisch war. Daheim habe ich meiner Mama gesagt: „Ich hab’ zwar an Fünfer in Englisch, aber is’ wurscht, ich werd’ eh Schauspieler.“ Das war wirklich meine Überzeugung, und so bin ich auch zum Casting gegangen, wo ich die Rolle des Toni bekommen habe. Das Spielen hat großen Spaß gemacht, weil Marcus H. Rosenmüller unglaublich gut mit Kindern zusammenarbeitet und seine Energie am Set wirklich ansteckend war. Ich habe dann mehr gedreht und mich nach dem Abi entschieden, Schauspiel zu studieren.
Jetzt bist du ein gefragter und mit mehreren Preisen ausgezeichneter Schauspieler. Deine Zeit ist eng bemessen – und trotzdem engagierst du dich ehrenamtlich. Warum?
Gerade weil es bei mir gut gelaufen ist in der letzten Zeit. Jetzt war ein idealer Moment. Ich konnte über anderes nachdenken und wollte unbedingt etwas zurückgeben.
Da hat missio mit der Anfrage den idealen Moment erwischt …
Auf jeden Fall. Es lief optimal. Ich hatte vorher ein Projekt gedreht, dadurch war meine Schauspiellust für eine Zeit lang befriedigt, und ich konnte mich voll auf den Tanzworkshop einlassen. Das tat auch mir gut. Normalerweise falle ich nach großen Projekten in ein Loch. Ich arbeite mich in eine Figur rein – wenn diese wegbricht, fehlt ein Teil von mir. Diesmal war es anders, dazu konnte ich machen, was mir wahnsinnige Freude bereitet: mit Kindern und Jugendlichen Theater machen.
Die Figur, die weggebrochen war, ist „Franz Beckenbauer“, den du in der Sky-Produktion „Der Kaiser“ verkörperst. Wie war es, jemanden zu spielen, den praktisch jeder kennt?
Ultra aufregend. Bei der Anfrage, die ich vor eineinhalb Jahren bekam, habe ich keine Sekunde überlegt. Einmal, weil ich Fußballer bin. Zweitens, weil ich Franz Beckenbauer schon immer beeindruckend fand: Seine Interviews sind unfassbar unterhaltsam, er ist sehr schnell, ist witzig, charmant – das mochte ich immer schon gern. Dazu ist er Bayer, Münchner. Das liegt mir einfach. Aber natürlich hat mich auch beschäftigt, wie nah ich an ihn kommen soll – oder wie weit ich vielleicht auch weggehe von ihm, damit keine Karikatur herauskommt.
Wenn ich in der Vorbereitungsphase von meiner bevorstehenden Rolle erzählt habe, bekam ich direkt mit, was die Leute von meinem Beckenbauer und dem Film erwarten. Das hat mich schon ein bisschen nervös gemacht. Aber jetzt, da die Dreharbeiten abgeschlossen sind und ich die schauspielerische Zeit meines – bisherigen – Lebens hatte, freue ich mich auf die Ausstrahlung und was daraufhin passiert. Mir ist es wirklich ein Anliegen, dass wir – und ich – Franz Beckenbauer mit dem Film eine Freude machen.
Du hast die Fußballszenen selbst gespielt, musstest aber lange bangen …
Ich habe mir an einem der ersten Vorbereitungstage bei einem Ligaspiel meines Heimatvereins das Kreuzband gerissen. Dann war ich völlig fertig und dachte, sie nehmen mir die Rolle. Zum Glück fand ich einen wunderbaren Physiotherapeuten, der mich in vier Monaten wieder hochtrainiert hat. Mit Matthias Keller habe ich es geschafft, dass das Kreuzband beim Dreh gehalten hat. Ich bin froh, dass ich die Szenen selbst spielen konnte und hoffe, es sieht gut aus. Sonst steigen mir meine Freunde und die Kumpels vom Fußballverein auf die Füße.
Du wirkst so sehr am Boden geblieben. Was erdet dich?
Ich lebe in München, aber wenn ich frei habe, fahre ich sehr gerne zu meinen Eltern und Großeltern im Großraum Bad Tölz. Dort zählt überhaupt nicht, was ich beruflich mache. Da bin ich einfach daheim und entspannt. Ohne die Besuche bei der Familie am Land wäre es mir manchmal zu viel.